Krimis

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Krimi

 Dieses Buch könnte auch als Regionalkrimi durchgehen, es gibt wunderbare Schilderungen aus den schottischen Highlands und von der normannischen Ile de Ré, aber wohin einsortieren? Dann lieber allgemein unter Krimi! Wir lernen in diesem Buch der schottischen Autorin Denise Mina eine neue Heldin kennen, Anna, die eigentlich anders heißt, aber schon vor Jahren untergetaucht ist. Zu Anfang des Buches erzählt ihr Gatte Hamish ihr, dass er sie nun leider verlassen wird, da er ihre beste Freundin geschwängert hat, und die beiden gemeinsamen Kinder nimmt er auch mit. In FM-Kreisen ist es natürlich schwer, jemanden, der Hamish heißt, als totales Arschloch zu akzeptieren, aber wenn eine so eins überzeugend schildern kann, dann Denise Mina. Ihr zur Seite in diesen ersten Anna & Fin-Krimi steht der verlassene Ehemann der besten Freundin, der magersüchtige Rockstar Fin. Noch ehe Hamish seine Ankündigung macht, erfährt Anna, dass ein ehemaliger Bekannter vor der Ile de Ré mitsamt seiner Segelyacht untergegangen ist, und es ist zunächst nicht klar, was sie schlimmer trifft, jedenfalls glaubt sie die offizielle Erklärung, Selbstmord, nicht – und macht sich mit Fin auf die Suche nach der Wahrheit. Und eng mit dem Grund zusammenhängt, aus dem sie damals untergetaucht ist – und am Ende klärt sich alles und Anna und Fin werden zweifellos kurz Atem holen und sich dann ins nächste umwerfend spannende Abenteuer stürzen. Und fürs FM-Publikum: Erwähnt wird Lorne Greene, der unvergessliche Pa Cartwright, der in der Countrywelt seine musikalischen Spuren hinterlassen hat (Duett mit Johnny Cash! „Ringo“!). Hoffen wir auf noch mehr Musik in den weiteren Bänden!

Denise Mina: Klare Sache, Ariadne Verlag, 346 S., 21,.. übersetzt von Zoe Beck, https://argument.de/ (GH)

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Regionalkrimi

Ein neuer Krimi von Andreas Niedermann wird immer mit Spannung erwartet – und das soll gleich gesagt sein, dieser enttäuscht nicht, ist spannend und witzig und voller Lokalkolorit (Wien und Dörfer irgendwo da so um, was weiß so ein armes Nordlicht schon von der Geographie da unten), und es geht wieder um die hinreißende Amateurdetektivin Blumberg. Oder auch nicht. Sie ist im Hintergrund vorhanden und dient dem Ich-Erzähler als Gesprächspartnerin. Sie ist nämlich, nervlich zerrüttet nach den Abenteuern des zweiten Blumberg-Bandes, in einer Klinik. Der namenlose Ich-Erzähler wird von seinem Verleger aufgefordert, den dritten Blumberg-Krimi zu schreiben und dafür die Hauptperson zu interviewen. „Aber das macht doch der Kollege Niedermann?“, fragt der arme Autor, doch der Kollege Niedermann hat sich verdrückt, angeblich sitzt er auf irgendeiner Alm und züchtet Geißlein. Der Autor, der dringend Geld braucht, nimmt den Auftrag an – und gerät in einen Strudel von Abenteuern, hat mit finsteren Gestalten zu tun, immer deutlicher wird sein Verdacht, dass Blumberg ihn nach Strich und Faden an der Nase rumführt, und, ach ja, weilt der ominöse Niedermann wirklich auf der Alm? Das Ende ist natürlich auch überraschend, und klar ist, dass ein vierter Blumberg-Band hermuss. Musik gibt es auch in diesem wunderbaren Krimi, und wie immer bei Andreas Niedermann ist Johnny Cash dabei.

Andreas Niedermann: Alte Schule, Edition BAES, 190 S., 19,80, https://www.niedermann.at/  (GH)

Frau Maier macht Dampf: Frau Maiers 5. Fall (Frau Maier ermittelt)

Frau Maier ist eine alte Bekannte (zuletzt FM 337), und bestimmt ist sie die sympathischste Privatermittlerin, die derzeit in deutschen Krimis Leichen im Keller findet. Oder diesmal in einem Swimming Pool. Frau Maier, die zu Beginn der Serie eher einsam und verhuscht wirkte, wächst immer mehr über sich hinaus. Nun geht sie gar auf Reisen, und zwar in ein Wellness-Hotel in der Steiermark. Natürlich nicht aus eigenem Antrieb, bei einem Preisausschreiben gab es eine Woche dort zu gewinnen, und Frau Maier muss die Reise für eine Freundin antreten, die sich das Handgelenk gebrochen hat. Luxushotel und Preisausschreiben, das klingt nach Erich Kästner und „Drei Männer im Schnee“, aber hier schneit es erst, als alles geklärt ist. An Verwicklungen aber braucht sich Kremser vor Kästner nicht zu verstecken, und die Romantik kommt auch nicht zu kurz, denn Frau Maier legt sich einen schicken grünen Badeanzug und pinken Nagellack zu. Kein Wunder, dass die Herren im besten Alter sich die Schnurrbartspitzen zwirbeln. Nur, wie gesagt, die Leiche im Swimming Pool - wie ist sie dort hingeraten und wer steckt dahinter, und war es überhaupt die erste Leiche, die das vermeintliche Wellnesshotel zu beklagen hat? Wie Frau Maier das alles klärt, ist ebenso witzig wie spannend beschrieben, ein Lesegenuss, wie alle Frau-Maier-Bücher. Jessica Kremser: Frau Maier macht Dampf, 279 S., 13,90. Pendragon, www.pendragon.de (GH)

Fluch_des_H.jpg.   Der Fluch des Hasen

Ein ganz anderes Märchenbuch

Wenn die tote Schwester des Nachts umgeht und nach ihrem Kind fragt, dann ist der Gedanke an die Brüder Grimm und „Brüderchen und Schwesterchen“ nicht weit – aber bei der koreanischen Autorin Bora Chung geht es hoch modern zu, und deshalb fragt die Schwester nicht „Was macht mein Kind, was macht mein Reh?“

Was der Bruder derweil treibt? Wird nicht verraten. Bora Chung bedient sich munter am internationalen Märchen- und Balladenschatz, immer wieder finden wir Vertrautes, und immer wieder fallen wir aus allen Wolken, weil es doch ganz anders ausgeht als erwartet.

Happy End und glücklich bis ans Ende ihre Tage? Eher nicht, eher Erlkönig, „in seinen Armen, das Kind ist tot.“

Aber oft ist auch die Frage, was denn überhaupt ein märchenhaft schöner Abschluss wäre. Ist es wirklich nur gut für das Dorf, von der Bestie befreit zu werden, der sie alle sieben Jahre ein Kind opfern müssen? Ist der Prinzessin tatsächlich damit gedient, den geliebten Prinzen unter unendlichen Anstrengungen von seinem Fluch zu befreien? Hat sich da schon mal irgendwer Gedanken gemacht?

Bora Chung tut es, und ihre Antworten sind umwerfend. Und es kann gewaltig modern werden, bei allen Balladenelementen – denn ist die unglücklich liebende Künstliche Intelligenz auf ihre Weise nicht auch eine Art verwunschener Märchenprinz? Und der Hase aus dem Titel? Der ist kein Prinz, aber niedlich ist er auch nicht, und wer immer schon einmal etwas über die noble Art des Verfluchens erfahren wollte, wird bei Bora Chung unschätzbares Wissen erwerben.

Bora Chung: Der Fluch des Hasen, Erzählungen, CulturBooks, 251 S., 24,--, übersetzt von Ki-Hyang Lee, http://www.culturbooks.de  (GH)

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Max Annas hat schon oft gezeigt, dass er sich an den exotischsten Orten auskennt: in der DDR, im Finsterwalde der Zukunft, im Südafrika der Gegenwart – und nun führt er uns in wirklich geheimnisvolle Welten: in die Eifel. Wo die Orte Körperich heißen (-ich-Endung weist auf keltische Ortsgründung hin), wo das Ältestenerbrecht in den Bauernfamilien viel böses Blut schafft, die Flurbereinigung nie verziehen wurde und die Glocken in der Karwoche nach Rom fliegen. Dann müssen die Kinder im Dorf mit Holzklappern die Glocken ersetzen, was in diesem Buch passiert. Es geht nämlich vor Ostern los. Sanne und Ulrike, die jugendlichen Heldinnen, haben allerdings noch ganz anderes zu tun. Es ist 1978, die Fußball-WM in Argentinien rückt näher, alle Kinder sammeln Fußballerbilder, aber immer fehlen welche. Weshalb die beiden kurzentschlossen im Postamt das RAF-Fahndungsplakat klauen und sich passende Fußballbilder herausschneiden. Dorfpolizist Reiter steht kurz vor einem Herzinfarkt: ein terroristischer Anschlag in seinem Revier! Dass gleich um die Ecke ein Mord passiert, ist darüber leicht zu übersehen. Aber wir haben ja Sanne und Ulrike, die von ihrem Aussichtsposten auf dem Hochsitz die Geschehnisse im Dorf im Auge behalten. Die Eifel, mit ihrer Nähe zu Luxemburg, Belgien und Frankreich, ist uraltes Schmugglerland, aber auch Fluchtroute, wobei wir wieder bei der RAF wären, und wie das alles zusammenhängt, und was das mit den fortgeflogenen Glocken zu tun hat, erfahren wir im neuen Krimi von Max Annas.

Max Annas: Der Hochsitz, 271 S., Rowohlt Verlag, 22,-- https://www.rowohlt.de/autor/max-annas-2368 (GH)

   
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