Rezensionen

Sean Keel – A Dry Scary Blue     - ICEA CD 353

Hoppla, was ist denn das? Beim ersten Hören war ich leicht erschrocken, warum da jemand, mit einer solch fragilen, extrem heiseren Stimme ein solches Album aufnimmt. Erster Eindruck: Tom Waits ist dagegen ein Goldkehlchen. Aber, nein: Ganz großes ABER! Wie man als Nicht-Sänger ein solch wunderschönes Album hervorbringen kann, ist schon erstaunlich. Ich habe mich darauf eingelassen und muss zugeben, dass mich die eher gesprochenen als gesungenen Texte und die wundervoll lyrische Musik, minimal instrumentiert hauptsächlich mit Akustikgitarre und Piano, gepackt haben. Und das Album ist inzwischen etliche Male durchgelaufen. Schön wäre es gewesen, wenn das karge, Booklet mit allen Texten etwas mehr über die Begleitmusiker verraten hätte. Das gilt übrigens auch für die spröde Frauenstimme im letzten Song "I hate the West". Was Keels Stimme angeht: Anders geht es leider nicht, denn mit einer chronischen Stimmbanderkrankung ist da schwer etwas zu machen. Das tut aber dem Album trotzdem absolut keinen Abbruch. Das hier sind Songperlen, Miniaturen, die ihresgleichen suchen. Nicht auszudenken, wenn dieser Mann, übrigens ein renommierter Mathematik-Professor einer texanischen Universität, auch noch eine „schöne“ Stimme hätte. Ein beeindruckendes Album mit einer absoluten Empfehlung.  MC

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Spilar - Stormweere

 Spilar ist eine ungewöhnliche neue Gruppe aus Flandern, die sich der Musik aus ihrer Heimatregion verschrieben hat, sie aber ganz eigenwillig interpretiert. Sänger und Sängerin, zwei Geschwister, werden von Zupfinstrumenten, Keyboards/ Synthie und minimalistischem Schlagzeug begleitet. Bei der Auswahl haben die Belgier offenbar Wert auf schöne Melodien gelegt, sei es bei einem mittelalterlichen Weihnachtslied, einem Brel-Chanson oder einem selbst geschriebenen verträumten Walzer. Die fünf Mitglieder bringen genug Erfahrung mit, um ihre künstlerische Vorstellung sehr präzise umsetzen zu können. Sie haben einen wiedererkennbaren Gruppensound entwickelt, der sich durch Reduktion und Klarheit auszeichnet. Die Grundstimmung ist ruhig und etwas melancholisch. Die feinen Gesangsstimmen werden von den Gitarren, Mandolinen oder Tasteninstrumenten sehr wirkungsvoll ergänzt, was einen in die Musik hineinzieht. Auch live bestimmt sehr interessant. (küc)

Schwer zu fassen, dieses Album. Neun Songs, Americana, mehr oder weniger gesungen von einem „Nicht-Sänger“; oder sagen wir lieber: performt. Man hört heraus, welche Vorbilder Simon Joyners Songwriting und seine Darbietung haben, und da ist ganz offensichtlich und an erster Stelle Leonard Cohen zu nennen. Bei diesem Album hier allerdings hat man irgendwann keinen Überblick mehr, in welchem Song sich der Künstler gerade befindet, denn es hört sich vieles enorm gleichförmig an. Mag sein, dass das so gewollt ist, ebenso wie die schwer zu fassenden Texte. Und so kommt auch das Cover daher: Mittelbrauner Text auf dunkelbraunem Grund. Warum tut man so was? Das Booklet selbst, mit allen Texten in lesbarer Größe, kommt da schon etwas freundlicher daher. Leise, bedächtig gespielte Musik ist das, aber sicher kein Stimmungsaufheller und ganz sicher nichts für einen nasskalten Novembertag wie heute.

Sina Nossa ist eine der portugiesischen Musik verpflichtete Gruppe, die durch ihre Leidenschaft für den Fado zusammengekommen ist – aber davon ist auf dieser CD nichts mehr zu hören. Hier geht es eher lebhaft zu. Titel wie „Jazz e mim“ („Jazz und ich“) zeigen die Richtung an, es wird viel improvisiert. Wunderbare Gitarre  und einfallsreiches Saxophon prägen die Melodien. Auf dem Cover ist, streng blickend und krass geschminkt, die stimmgewaltige Sängerin Anabela Ribeiro zu sehen, aber ihre beiden Bandkollegen, Armindo Ribeiro und Jorge Rodrigues, die ebenfalls singen, brauchen sich absolut nicht hinter ihr zu verstecken. Die Texte stammen von dem brasilianischen Sänger und Komponisten Marcelo Penna. Textlich, stimmlich und instrumental, alles vom Feinsten, ideal für Menschen, die portugiesische Musik lieben oder kennenlernen wollen. Sina Nossa: Concreta Utopia, www.sinanossa.com (GH)

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