BÜCHER & HEFTE

Lehrreiches Buch

Jim-Avignon, ein grandioser Zeichner, hat allerlei kluge Menschen aus der schreibenden Zunft gebeten, zum Thema „Welt und Wirklichkeit“ etwas zu schreiben. Einzelthemen sind z.B. Bibel, Bourgeoisie, Politik, Science Fiction, und, für uns beim FM besonders wichtig: Musikethnologie. Ganz neue Erkenntnisse werden uns vorgetragen, wer hätte denn je darüber gedacht, dass das Neue Testament Etikettenschwindel betreibt, wenn es sich 2000 Jahre nach Entstehen noch immer als „neu“ verkaufen will.

Oder dass man auf Deutsch nicht erotisch über Sex reden kann, wohl aber lustig. Und wie wahr: „Es tut natürlich immer gut, sich über das lustig zu machen, was man gerade nicht haben kann, sei es Sex, Geld oder eine Zukunft, von der man träumen kann.“ (Kuku Schrapnell).

Was über Musik und die dazugehörige Musikethnologie geschrieben wird, wird hier nicht verraten, selber lesen. Zu den unbedingt lehrreichen Texten gehören die wilden, bunten Bilder von Jim-Avignon, die das Buch dann erst recht zum Erlebnis machen (da immer ein bisschen gemeckert werden muss: Beim Korrekturlesen ging nicht alles gut, nur so erklären sich Scheußlichkeiten wie „gebärt“, „unablässig“ statt „unerlässlich“, was ja doch ein Unterschied ist, oder der nicht vorhandene Plural „was“, wo „were“ hingehört und richtig Sinn ergeben hätte).

Erschienen ist das Buch natürlich im Verbrecher Verlag, einer von den wenigen Verlagen, wo man unbesehen wirklich jedes Buch empfehlen und kaufen sollte. Jim-Avignon: Welt und Wirklichkeit, Verbrecher Verlag, 200 S., 18,--, www.verbrecher.de (GH)

DAS DING 5 - KULTLIEDERBUCH 1. Textausgabe, 2. Notenausgabe DUX MUSIKVERLAG hh

Andreas Lutz, Berhard Bitzel, - Über 400 Songs Musikverlag Holzschuh, Edition Dux Hug Musikverlage3 - Edition Conbrio

www.ancora-verlagsservice.de

Vertrieb:Christian Buchner

Über alle Ausgaben von "DAS DING" haben wir im Folkmagazin berichtet. Wer als Musiker auf dem laufenden sein will, der braucht DAS DING. Er hat die Noten parat und braucht nicht extra zu suchen, zu schreiben, KKORDE, Riffs, Pausen, Übergänge und Varianten auszutüfteln. Er bekommt viele Anregungen fürs Texten, Komponieren, Spielen und Singen. Theorie, mit Notenaufbau, Tonleitern, Dreiklängen, Akkorden, Umsetzung auf der Gitarre und einer großen Liste mit Guitar-Chords sind dabei. Die Lieder sind meisterhaft gesetzt. Und DAS DING zeigt einmal wieder, dass das GEWUSST WO jedem Musikanten, jedem Kreativen viel bringen kann. Eben in DAS DING.   h

In den 5 Büchern sind über 2000 Songs gesammelt.

Das ist nach der Liederbuchsammlung Dietmar Kremer die uns bekannte umfangreichste Liedersammlung in Deutschland. 

Das große Weihnachtskonzert für die ganze Familie. ***** 5  FM-Sterne

Das große Weihnachtskonzert für die ganze Familie Marko Simsa und Gisela Dürr Jumbo Buch mit CD & Download. Es ist ein Buch zum Hören, zum Lesen, zu Vorlesen, zum Musizieren und Singen für alle.

Mit dabei die schöne Geschichte von Rudolf, dem Rentier mit der roten Nase und natürlich dem Lied. Und dann auch die Geschichte vom kleinen Trommler. Dann der Weihnachts-Rocknroll zum Tanzen und singen. Dann ein herrlich polnisches Weihnachtslied "Es kamen die Hirten nach Bethlehem", Leise rieselt der Schnee - Ach wenn es doch so wäre - so weiter dazu gehören. Die Geschichte zur heiligen Nacht gehört auf jeden Fall dazu. Maco Simsa legt sein Lied vom Weihnachtswundertraum als Extrablatt dazu. 

Es ist ein Buch für alle zum Mitmachen. Mitmachen fördern der Jumbo-Verlag und das Folkmagazin. Es ist der Grundgedanke für Mitmachkultur, die jede musikalische Familie gebrauchen kann und auch jeder Einzelne, der andere einladen möchte, jeder Folkclub, jedes Folkfest und Stadtteil- und Familienkultur.

Mitmachkultur ist das Sammeln und Präsentieren von Anregungen, Anstößen, Neubedenken, Neutexten und Neukomponieren von Liedern, Musiken, Tänzen, Geschichten, Brauchtum und Ritualien - auch im Zusammenwirken mit alten bewährten, überlieferten Bausteinen - für Jahreszeitenfeste, Geburtstage, sonstige Festanlässe, Morgensingen, Lieder zum Lagerfeuer und für die Festtafeln, den täglichen freudebringenden kulturellen Bedarf. h

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Buch mit Musik

Andreas Niedermann ist im FM oft und zurecht gelobt worden, und hohes Lob verdient auch sein soeben erschienenes Buch „Schreiben. Selbstbild mit Tier“. Es handelt in Ich-Form vom Werdegang eines jungen Dichters und Musikers, dessen Name zwar nicht genannt wird, in dem wir aber unschwer den frühen Niedermann erkennen. Er lebt in der Schweiz und findet die Schweiz blöd und spießig, will schreiben, aber um schreiben zu können, braucht er Geld, muss also arbeiten. Das verdiente Geld zu vertrinken ist natürlich viel lustiger, als zu schreiben, und wenn es auf ist, muss wieder gearbeitet werden, also abermals keine Zeit zum Schreiben. Besetzte Häuser, Italien, Griechenland, Frankreich, Polen sind Stationen auf seinem Weg, bis er dann endlich in Wien landet. Obwohl es schwer vorstellbar ist bei so viel Abenteuer – zwischendurch schreibt er. Sein erster Roman, „Sauser“, erscheint, und die Älteren unter uns werden sich erinnern, was der damals (1987) für eine Offenbarung war. Weitere folgten, klar, das wissen wir, hier geht es schließlich um „Schreiben“. Er erzählt also, wie er schrieb oder nicht schrieb, welche Autoren ihn beeinflussten, welche damals aktuellen (und heute kaum noch erinnerten) Genies ihm wahnsinnig auf den Geist gingen, welche Musik er hörte – ganz groß für ihn war Bob Dylan, doch ach, als er glaubte, beim Trampen in Südfrankreich mit Gitarre und Dylansongs über die Runden kommen zu können, wurde er bitter enttäuscht: Unter jedem Baum stand ein Typ mit Gitarre und sang einen Dylansong! André Heller, Wolfgang Ambros, Georg Kreisler, Helmut Qualtinger, Jack London (naja, der war kein Sänger oder Musiker, aber es ist eben immer schön, wenn er erwähnt wird) tauchen im Buch auf, und alles ist spannend, witzig, turbulent wie damals „Sauser“. Was es mit dem Tier auf sich hat? Lest selbst!

Andreas Niedermann: Schreiben. Selbstbild mit Tier. Songdog Verlag, 192 S., 18,-- https://www.niedermann.at/ GH)

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De Drachtenlüüd

Schleswig-Holsteinischer Heimatbund SHHB

Zeitschrift A5 mehrmals im Jahr

heimatbund.de

Traditionelles Feiern um den Maibaum

Stärkung der Gemeinschaft

Bedeutung und Symbole am Maibaum

Wenn die Mutter mit der Tochter Tracht trägt

Heimat ist eine Einladung

Grömitz feierte ein Mitmachtanzfest

Flashmob mit Volkstanz in Blankenese

Vorstellung von Einladungen zu Jubiläen und Festen

Vorstellung von Gruppen mit Fotos

Bericht von deutschen Trachtenfest

Terminliste und Verantwortliche

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Buch über Olga Benario

Ein vom Umhang her kleines, vom Inhalt gewichtiges Buch ist soeben in dem wunderbaren Verbrecherverlag erschienen. Olga Benario wurde 1908 in München geboren, schloss sich für den damaligen Kommunisten an, ging nach Berlin, von dort nach Moskau und lernte dort den brasilianischen Revolutionär Carlos Luíz Prestes kennen.

Mit ihm ging sie dann nach Brasilien, die Gelehrten streiten sich, ob die beiden vorher noch geheiratet hatten. Olga Benario sagt, ja, sie hätten, und zwar in Moskau, aber entsprechende Unterlagen sind bisher nicht aufgetaucht.

Nach einem gescheiterten Aufstand gegen das damalige faschistische Regime in Brasilien wurden beide festgenommen, Olga Benario wurde, obwohl schwanger, an Deutschland ausgeliefert, weil sie eben ihre Eheschließung mit einem brasilianischen Staatsbürger nicht beweisen konnte, brachte ihre Tochter Anita Leocádia im Gefängnis zur Welt – und nach vierzehn Monaten wurde das Kind ihr weggenommen und der Mutter von Carlos Luíz Prestes übergeben.

Anita Prestes, die keine Erinnerung an ihre Mutter hat, hat nun ein Buch über sie geschrieben, sie zeichnet Olgas Lebensweg nach, schildert ihr Leben im Gefängnis und ihren Weg in den Tod. Olga Benario wurde 1942 in Bernburg ermordet. Im Anhang befinden sich anrührende Briefe, die sie aus der Haft an Prestes schrieb und die viel später in einem Archiv der Stasi aufgefunden wurden. Gibt es Lieder über Olga Benario, hier oder in Brasilien? Wenn nicht, müssen welche geschrieben werden. Hier ist ein Link zu einer brasilianischen „Hymne an Prestes“. https://www.youtube.com/watch?v=bnrlhbmTtTI

Anita Leocádia Prestes: Olga Benario Prestes, Verbrecher Verlag, 113 S., 16,--. www.verbrecherei.de (GH)

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Der Sessiontrainer

Unglaublich praktisch,

Eine Anleitung fürs gemeinsame Jammen, ür Sessions, für Mucken.

Blues, Jazz, Soul & More..

Incl. MP3-Files fürs Downloaden

Oliver Kraus

www.fingerprint-verlag.de

Spontan arrangieren, sofortige einfache Bluesbegleitung mit den wichtigsten Fingersätzen, Achteltriolen, Solobegleitungen Abwechsel, Solieren – Dann YouTube-Session mit Eric Clapton und schwierigeren Griffen  und Jazzstandard-Style, Auf dem Trainingsplatz dann: Rhythmisch und tonal variieren, Licks und dann spezieller. Wenn Du das durcharbeitest, dann geht es ran ans Bluesen, ans Jazzen und sogar Lieder, Folkmusik kannst Du untermalen. Ein Workshop, ein Arbeitsheft für Leutchen, die wirklich einen Crash für ihre eigene Musik brauchen und wollen.

Sápmi, genauer gesagt, der Teil, der zum Königreich Schweden gehört. Die neunjährige Elsa wird Zeugin, wie ein Schwede ihr geliebtes Rentierkalb umbringt – und er bedroht sie dann auch gleich: „Wenn du mich verrätst, bring ich dich und deine Familie um.“ Elsa verrät ihn nicht, hat aber fast zwei Jahrzehnte mit diesem Erlebnis zu kämpfen. Es ist kein Einzelfall, nur werden meistens die Täter nicht ermittelt, die Polizei findet Rentierwilderei nicht wichtig, zu viele Polizisten kommen selbst aus der Gegend und verachten die „Lappen“, wie manche immer noch ganz offen sagen. Erst ein junger Kommissar aus dem Süden sieht das anders … Die Sami im Buch kämpfen vor dem Hintergrund von heraufziehender Klimakatastrophe, der jetzt wieder forcierten Suche nach Bodenschätzen auf Rentiergrund und schwedischem Rassismus um ihre Existenz, doch die samische Autorin Ann-Helén Lästadius zeichnet durchaus kein idyllisches Bild ihrer Landsleute: Die Vorstellung, im Grunde etwas Besseres zu ein als die schwedische Bevölkerung der Gegend prägt ihr Verhalten, wer in eine samische Sippe einheiratet, wird immer „fremd“ bleiben, egal wie sehr sie sich integrieren (Beispiel: Elsas Mutter), und die Rollenvorstellungen scheinen aus Stein gemeißelt.

Nur Jungen können die Rentierherde der Eltern übernehmen und bei den Entscheidungen des samischen Dorfrates mit abstimmen, und die vielfach pietistisch geprägten Kirchengemeinden wollen keine weiblichen Geistlichen.

Doch es gibt Ausnahmen: eine junge Pastorin, die eine Pfarrstelle erhält und eine im Buch wichtige Beerdigung leitet, und Elsa eben. Elsa, die schon mit neun weiß, dass sie später Rentierhalterin werden wird, die immer wieder eine Joik anstimmt (denn es wird gejoikt in diesem Buch), und die am Ende dem Wilderer in einem absolut überraschenden Showdown gegenübertritt. – Der Spätwinter 2023 ist der perfekte Zeitpunkt, um diesen aufregenden Roman zu lesen. In Norwegen werden demonstrierende Sami von der Polizei weggeschleift, obwohl das norwegische höchste Gericht ihnen recht gegeben hat. Die norwegische Regierung schickt die Polizei, und in den sozialen Medien häufen sich die hasserfüllten rassistischen Kommentare.

Ann-Helén Lästadius: Das Leuchten der Rentiere, Hoffmann & Campe, 447 S, 25,--, übersetzt von Maike Barth und Dagmar Mißfeldt, https://hoffmann-und-campe.de/products/58454-das-leuchten-der-rentiere (GH)

Der Unterton: Roman  h

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Der Unterton

Thomas Niedzwetzki

Roman

Grünberg-Verlag

www.der-unterton.de

Es ist zum Heulen, wenn ich das alles wieder nacherlebe. War ja nur ein Westler, der zu den Folkies immer rübertourte, Noten und das Folkmagazin mitbrachte, weil das so tolle Menschen sind. Genauso wie bei uns.

Die Situationen – keine Karten – reingeschleust von Folkies, die extra FDJ-Hemd anzogen und die Kasse oder Kontrolle übernahmen.

Der Thomas, der das Buch geschrieben hat, ist einer von uns. Schreibt genauso, wie wir denken. Ob nun Rocker, Folkie oder so, ist noch immer recht deckungsgleich.

Ja sie waren ganz schön in der Zwickmühle. Einerseits Freiheit, Protest, illegale Kontakte, stachelige widerborstige Raben, andererseits hellwach, schlitzohrig gegen die Grünen, die Anpasser, die Falschredner, die Ledermäntel.

Haben wir heute alles auf höherer Ebene.

Sie waren die mit dem stillen Schrei, dem Unterton, den Kennzeichen, gierig auf jeden freie Wort, hellhörig auf  jedes wahrsagende Lied.

Flach oben: „Erich, geh fort und schau dass bess’res Wetter wird.“

Und leise dann: Lieder von Flucht, von Trennung, von neuem Leben.  Von Freunden fast jeder und jede stille Revolutionäre. Und das nur, weil Aufopfern selten was bringt. Und es waren und sind nicht nur die Jungs. Da sind auch Mädels, zu denen jeder aufblicken kann, die durch Dick und Dünn gehen. Die Wende bringt alles ins Wanken. Und die Stasi gehört auch dazu. Mit Verhören und Gemeinheiten. Mit Trotz und Widerstand.

Das Buch ist locker geschrieben – vom Wehrdienst bis zur Wende, musikbegeistert und mit großer Freundschaft. Sehr zu empfehlen

Jo lebt das Leben eines Rockmusikers und fühlt sich wohl in seiner dörflichen Idylle, im Norden der DDR. Ben hingegen scheitert als Sohn eines Chefarztes früh an den Erwartungen seiner Familie. Beim Wehrdienst lernen sich beide kennen und gehen später als beste Freunde gemeinsam zum Studium in die Großstadt. Hier erleben sie, wie im Wendesommer 1989 die vertraute Welt ihrer Kindheit und Jugend untergeht. Und während sich Jo auf die amerikanische Gaststudentin Deborah einlässt, wird Ben von einer dunklen Vergangenheit eingeholt. Ein spannend erzählter Roman über eine Freundschaft und ein Stück Zeitgeschichte eines historisch einmaligen Umbruchs.

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Sean ist Anfang zwanzig, wurde im Arbeiterviertel von Belfast geboren und hangelt sich von Aushilfsjob zu Aushilfsjob von Party zu Party. Die meisten seines Alters sind so unterwegs. Es herrscht Wirtschaftskrise und so mit Arbeitslosigkeit. Obwohl er im selben Viertel wie seine Freunde Ryan, Mairead und Finn geboren wurde und ein ähnliches Leben lebt, steht er irgendwie abseits. Denn im Grunde erwartet er besseres von sich Close to Home von Michael Magee, da er im Gegensatz zu den anderen auf der Universität war. Seinen Wunsch Autor zu werden, hat er fast vergessen, bis er eines Tages jemanden bei einer Prügelei schwer verletzt und vor Gericht landet. Plötzlich sieht er sich durch die Augen des Richters und das Bild passt mit seiner Selbstwahrnehmung nicht überein. Er kommt ins Nachdenken und nach und nach verändert sich sein Leben.

Michael Magees Debütroman hat es in sich. Es ist nicht nur der harte Weg, den Sean zu sich selbst zurücklegt, es ist das Trauma der Troubles, dass wie eine Wolke über der Stadt, über Nordirland hängt. Fast alle der älteren Generation in Seans Viertel wissen um die Zeit. Michael Magee beschreibt nicht, wie es war, er lässt seine Personen zu Wort kommen. Seans Mutter etwa, die immer noch Panikattacken hat. Es ist ein starkes Buch, das ich gerne weiterempfehle.

Close to Home Autor: Michael Magee ISBN: 978-3-8479-0147-1 Übersetzer: Hannes Meyer Verlag: Eichborn- Rez: Karin Braun 

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Die Apotheker von Sven Böttcher

Hannes und Bea Hertz, Besitzer der Hertz Apotheken, sind Apotheker aus Leidenschaft und sich auch im privaten Leben leidenschaftlich zugetan. Ihre Kunden werden, zum Teil mit eigenen Präparaten, gut bedient. So ist es Bea gelungen, ein Neurodermitis-Mittel zu entwickeln, dass im Gegensatz zum offiziellen, keine Nebenwirkungen hat. Beide Hertzens stehen der Pharmaindustrie kritische gegenüber und lehnen sich oft genug weit aus dem Fenster, was natürlich zu Schwierigkeiten führt und der Konkurrenz Futter für Beschwerden gibt. Das alles nehmen sie mit relativem Humor. Sogar zu dem für sie zuständigen Pharmareferenten Patrick Hillert pflegen sie ein gutes Einvernehmen, doch der ist auf einmal tot. Herzinfarkt unter sehr merkwürdigen Umständen und dann wird er auch noch eingeäschert, wo er doch begraben werden wollte. Und das kurz nachdem er versucht hat Bea zu überreden, ihre Galenik für das Neurodermitis-Medikament an seine Firma zu verkaufen. Hannes wittert Unrat, Bea eher nicht. Doch dann bringt Partrick Hillerts Firma ein Medikament für Multiple Sklerose auf den Markt, welches auf Beas Galenik aufbaut und für einen übertriebenen Preis verkauft werden soll. Nun überschlagen sich die Ereignisse.

Sven Böttcher hat sich schon in dem Sachbuch Rette sich wer kann mit der Krankheitsindustrie auseinander gesetzt und greift das Thema nun belletristisch auf. Der Erzählstil ist locker, der Plot gut aufgebaut, die Aufmachung des Buches sehr edel und der Autor beherrscht sein Thema. Ein spannendes, interessantes, nachhaltiges Leseerlebnis von der ersten bis zur letzten Seite.

Die Apotheker von Sven Böttcher, Verlag: Rubikon Betriebsges.mbH, ISBN 9783967890068 Preis: 20,00 €

(Kabra)

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Sean ist Anfang zwanzig, wurde im Arbeiterviertel von Belfast geboren und hangelt sich von Aushilfsjob zu Aushilfsjob von Party zu Party. Die meisten seines Alters sind so unterwegs. Es herrscht Wirtschaftskrise und so mit Arbeitslosigkeit. Obwohl er im selben Viertel wie seine Freunde Ryan, Mairead und Finn geboren wurde und ein ähnliches Leben lebt, steht er irgendwie abseits. Denn im Grunde erwartet er besseres von sich Close to Home von Michael Magee, da er im Gegensatz zu den anderen auf der Universität war. Seinen Wunsch Autor zu werden, hat er fast vergessen, bis er eines Tages jemanden bei einer Prügelei schwer verletzt und vor Gericht landet. Plötzlich sieht er sich durch die Augen des Richters und das Bild passt mit seiner Selbstwahrnehmung nicht überein. Er kommt ins Nachdenken und nach und nach verändert sich sein Leben.

Michael Magees Debütroman hat es in sich. Es ist nicht nur der harte Weg, den Sean zu sich selbst zurücklegt, es ist das Trauma der Troubles, dass wie eine Wolke über der Stadt, über Nordirland hängt. Fast alle der älteren Generation in Seans Viertel wissen um die Zeit. Michael Magee beschreibt nicht, wie es war, er lässt seine Personen zu Wort kommen. Seans Mutter etwa, die immer noch Panikattacken hat. Es ist ein starkes Buch, das ich gerne weiterempfehle.

Close to Home Autor: Michael Magee ISBN: 978-3-8479-0147-1 Übersetzer: Hannes Meyer Verlag: Eichborn- Rez: Karin Braun 

Hannover von A bis Z: Der alternative Reiseführer

Naja, nicht alles, aber doch bestimmt das Wichtigste. Kersten Flenter, im FM oft und gern gelobt, hat mit drei anderen (sie treten in Hannover auf als die „Nachbarden“) ein Buch über die Stadt geschrieben, in der sie alle wohnen. Und das vermittelt ungeheuer viel Wissenswertes, nicht nur dass, sondern auch warum. Hannover ist die Hauptstadt des von oben organisierten Verbrechens und der grauenhaften Musik, und nirgendwo wurde das wenige, was der Krieg an Bausubstanz übriggelassen hatte, so energisch abgerissen und durch phantasielosen Betonkram ersetzt wie gerade dort. In Hannover gab es die legendären Chaostage und den Döhrener Jammer. Aber es gibt auch die beste und schärfste Currywurst weit und breit, Gemüseschlachten zwischen rivalisierenden Stadtteilen, ein richtig gutes Kino und Tobi Kunze (diesem Slam-Künstler sind gleich drei Beiträge gewidmet). Und es gibt Kneipen und ganz, ganz viel Musik, und durch dieses Buch erfahren wir, wohin gehen, um dieselbe zu hören. Dazu Hannover von A (Aale, in Hannover ist damit kein Fisch gemeint) bis Zündstoff (auch nicht das, was man jetzt denken könnte). Und wenn man dieses Buch gelesen hat, gibt es nur noch einen Wunsch: sich in den nächsten Zug setzen und Hannover erkunden. Die Nachbarden: Hannover. Der alternative Reiseführer, Blaulicht Verlag, 140 S., 9,90, www.blaulicht-verlag.de (GH)

BUCH MIT MUSIK

#„Swing high“, das klingt verheißungsvoll, nach schmissiger Musik und Lebensfreude sozusagen. Darum geht es auch den Jugendlichen, von denen der neue Roman von Cornelia Franz handelt. Wobei der Einstieg das nicht vermuten lässt. In einer Arrestzelle im Gestapo-Hauptquartier in Hamburg (wo nun vielleicht endlich eine angemessene Gedenkstätte eingerichtet werden wird) stellt sich der soeben beim Verhör misshandelte Henri seinem Zellengenossen so vor: „Gestatten, Winkler, Swingheini.“ Henris Verbrechen: Swing gehört zu haben, was im Nazistaat streng verboten war, ausländisch, wild, hemmunglos, oft sogar von Schwarzen Musikern gespielt, wer so etwas hörte, konnte kein positives Verhältnis zum Deutschen Reich haben. Henri und seiner Clique war das Reich zunächst ziemlich egal; Schikanen gegen ihre jüdischen FreundInnen fanden sie nicht richtig, aber sie suchten Zuflucht in der Musik und wurden erst in den Widerstand getrieben, weil sie ihre Musik nicht hören durften. Sie wehren sich zunächst verbal, aber „Heil Hottler“ und „Swing Heil“ zu rufen, gilt schon als staatsfeindliche Zersetzung. Der Roman zeichnet Henris Entwicklung vom braven Schüler aus gutem Hause, der Spaß haben, Musik hören und irgendwann sein Abi bauen will, zum geschundenen Häftling nach. Im letzten Kapitel, das 1953 spielt, erfahren wir, was aus ihm und seiner Clique geworden ist. Im Buch gibt es, logisch bei dem Thema, viel Musik, wir bekommen nebenbei eine Einführung ins frühe Werk von Louis Armstrong, aber auch Lieder, die uns allen noch im Ohr sind, wie „Ich brech die Herzen der stolzesten Frau’n“ oder Zarah Leanders „Jeder kleine Spießer macht das Leben mir zur Wahl“, liefern uns beim Lesen die Tonspur. Die Swingheinis nennen ihre treudeutschen Widersacher „Volksidioten“, dieses schöne Wort lehrt uns Cornelia Franz, und neben allen hier aufgeführten Gründen ist auch das einer, dieses Buch unbedingt anzuschaffen, zu lesen und zu verschenken!

Cornelia Franz: Swing high, Gerstenberg Verlag, 216 S., 16 €, http://www.corneliafranz.de/wordpress/ (GH)

   
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