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Regionalkrimi

Die Überschrift trügt ein bisschen, eigentlich ist es gar kein Krimi, auch wenn „Kriminalroman“ draufsteht, und ganz Österreich ist auch mehr als eine Region, aber egal. Es ist jedenfalls, wie von Gudrun Lerchbaum (hier ja schon oft heiß empfohlen, zuletzt im FM 360) nicht anders zu erwarten, umwerfend spannend, und ja, es gibt Tote, sogar einen Mord, der der Hauptperson in die Schuhe geschoben werden soll. Sie war es nicht, aber das wissen wir die ganze Zeit, hier wird also keine Pointe verraten. Damit können wir das mit „Krimi“ stehen lassen. Hauptperson ist Maria, so um die 40, klassische graue Maus, die nach einer gescheiterten Ehe in einem Dorf ihre kranke Mutter pflegt. Die Mutter stirbt, und Maria, die ab und zu im Affekt handelt und danach nicht genau weiß, was passiert ist, hat Angst, ihr könnte der Tod der pflegebedürftigen alten Frau angelastet werden. In ihrer Panik hebt sie alles Geld vom mütterlichen Sparkonto und setzt sich erst mal ab. Was nett anfängt, mit einem weinseligen Abend und einer Nacht mit dem reizenden Kellner Dragan, entwickelt sich rasch zum Albtraum. Die Ersparnisse reichen nicht weit, Maria sucht Arbeit in Branchen, wo nicht nach Zeugnissen oder Ausweisen gefragt wird, in der Gastronomie, in der Altenpflege. Aber die papierlosen Tätigkeiten gehen Hand in Hand mit erbarmungsloser Ausbeutung, wie sie nun erfährt. Immer aber, wenn Maria versucht, sich aus einer scheinbar ausweglosen Lage zu befreien, stellt ihr das Schicksal abermals ein Bein – und so führt ihre Flucht sie einmal quer durch Österreich, und mitten in allem Elend verliebt sie sich dann auch noch. Doch schon taucht ein rachsüchtiger Kärntner auf, der meint, Maria müsse wissen, wo sich seine entlaufene Exfrau versteckt hat. Maria weiß es nicht, und wenn sie es wüsste, würde sie es nicht verraten, und so rasen die Geschehnisse hemmungslos auf das furiose Finale zu. Wirklich ein grandioses Buch, und man lernt nebenbei so einiges über Sprache und Brauch in Österreich. Gudrun Lerchbaum: Zwischen euch verschwinden, Heymon Verlag, 250 S., 16,90, www.heymonverlag.at (GH)

   
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